Weihnachtsgeld

Weihnachten steht – fast – vor der Tür. Die ersten Blätter fallen und die ersten Wünsche für das Weihnachtsfest fangen in den Familien an zu blühen. Wie schön ist dann, wenn man einen Arbeitgeber hat, der seinen Mitarbeitern neben dem Gehalt Weihnachtsgeld zahlt. Einen Anspruch auf Weihnachtsgeld haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Es bedarf dafür einer gesonderten Regelung etwa im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. In manch einem Arbeitsvertrag wird ein Weihnachtsgeld als „freiwillige Leistung“ bezeichnet. Damit will der Arbeitgeber zum Ausdruck bringen, dass er sich weder verpflichtet fühlt, noch verpflichtet ist, Weihnachtsgeld zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einer aktuellen Entscheidung (BAG-10 AZR 281/12) zur Überraschung und vielleicht auch zum Leidwesen mancher Arbeitgeber entschieden, dass die Bezeichnung der Zahlung eines 13. Gehaltes im Arbeitsvertrag als „freiwillige Leistung“ nicht genügt, um einen Anspruch der Arbeitnehmerinnen bzw. des Arbeitnehmers auf diese Leistung auszuschließen.

In dem Arbeitsvertrag, über den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, stand folgende Regelung:

„Die Zahlung eines 13. Gehaltes ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann.“

Wenige Monate später trafen die Arbeitsvertragsparteien eine ergänzende Regelung, wonach das 13. Monatsgehalt voll gezahlt wird.

In den folgenden Jahren wurde mit der Gehaltsabrechnung für November ein Weihnachtsgeld als „freiwillige Leistung“ in Höhe eines Novembergehaltes gezahlt. Nach mehreren Jahren der unbeanstandeten Zahlung meinte sodann der Arbeitgeber, aufgrund des Freiwilligkeitsvorbehaltes im Arbeitsvertrag bestehe für den Arbeitnehmer kein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld und zahlte folglich das Weihnachtsgeld nicht mehr. Dies sah der Arbeitnehmer nicht ein und holte sich Rechtsrat. Er klagte vor dem Arbeitsgericht – und verlor! Der rechtlich gut beratende Arbeitnehmer gab jedoch nicht auf und ging in die nächste Instanz vor das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht gab seiner Klage auf Zahlung von Weihnachtsgeld statt. Das wiederum wollte sich der Arbeitgeber nicht gefallen lassen und ging in die Revision. So gelangte der Rechtsstreit vor das höchste deutsche Arbeitsgericht, das Bundesarbeitsgericht. Dort unterlag der Arbeitgeber dann in letzter Instanz.

Das Gericht war der Auffassung, dass sich der Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld aus dem Arbeitsvertrag und der entsprechenden Regelung ergibt. Zwar sei die Zahlung eines 13. Gehaltes dort als freiwillige Leistung formuliert, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann. Das Gericht legte diese Vertragsklausel – dann zutreffend – wie allgemeine Geschäftsbedingungen aus und kam unter Anwendung von § 305 c Abs. 2 BGB zu dem Ergebnis, dass trotz der anderslautenden Formulierung mit dieser Regelung ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für den Arbeitnehmer begründet worden sei. Maßgeblich für die Auslegung von allgemeinen Vertragsbedingungen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Zwar müsse sich die Auslegung vornehmlich am Vertragswortlaut orientieren, so das Gericht. Sei dieser jedoch nicht eindeutig, komme es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Dabei sei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner zu beachten. Bleiben dann noch Zweifel, gehen diese grundsätzlich zu Lasten des Verwenders, also des Arbeitgebers, weil dieser in der Regel den Arbeitsvertrag vorformuliert und dem Arbeitnehmer zur bloßen Unterschrift vorgelegt hat.

Das Bundesarbeitsgericht meinte, dass die entsprechende Vertragsklausel mehrere Ergebnisse der Auslegung vertretbar erscheinen lasse.

Das Gericht war der Auffassung, dass die Regelung auch so verstanden werden kann: Es wird ein 13. Gehalt als freiwillige Leistung der Firma gezahlt, wobei die Leistung anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann. Nach dem Wortlaut werde die Zahlung eines 13. Monatsgehalts bestimmt. Der Arbeitgeber habe sich bei dieser Art der Formulierung nicht vorbehalten, jeweils neu im Kalenderjahr zu entscheiden, ob er die Zahlung leisten wolle. Es sei unerheblich, dass die Zahlung als „freiwillige Leistung“ der Firma bezeichnet worden sei. Damit habe der Arbeitgeber nur zum Ausdruck gebracht, dass er nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet ist. Der Hinweis genüge für sich allein genommen nicht, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen. Da die Auslegung des Wortlautes verschiedene Möglichkeiten zuläßt, muss nach der Auslegungsregel, dass Unklarheiten im Zweifel zu Lasten des Verwenders gehen, der Vertrag so ausgelegt werden, dass die für den Arbeitnehmer günstigere Auslegung greift. Die für den Arbeitnehmer günstigere Auslegung ist – natürlich -, dass der Arbeitgeber sich mit der von ihm gewählten Formulierung, trotz des Freiwilligkeitsvorbehalts gleichwohl verpflichtet hat, seinen Mitarbeitern ein 13. Monatsgehalt anteilig als Weihnachts- und Urlaubsgeld zu zahlen.

Merke:

1. Nicht alles, was klar scheint, ist rechtlich wahr.

2. Arbeitgeber sollten sich beim Abfassen von Verträgen und Arbeitnehmer beim Lesen von Verträgen fachlich gut beraten lassen.

About the author

Dr. Frank-Walter Hülsenbeck
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator
Tel. (0331) 620 30 60

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