Arbeitsrecht aktuell – Kündigungsschutz bei Schwangerschaft auch vor Beginn der Tätigkeit zulässig?

Nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Mutterschutzgesetz ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist. Ausnahmsweise kann eine solche Kündigung für zulässig erklärt werden, wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde dies bestimmt. Das BAG hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Rechtsanwaltsfachangestellte eine neue Stelle antreten sollte, den Arbeitsvertrag bereits unterschrieben hatte und vor Beginn der Tätigkeit schwanger wurde. Als der Rechtsanwalt davon erfuhr, kündigte er der jungen Dame sofort. Dagegen wandte sich diese und berief sich auf das zuvor beschriebene Kündigungsverbot. Der Anwalt berief sich auf den nicht eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die Richter stellten demgegenüber auf den sogenannten Normzweck des Verbots ab und entschieden, für die Frage des Kündigungsschutzes sei unmaßgeblich, ob die Schwangere die vereinbarte Tätigkeit bereits aufgenommen habe oder nicht. Denn das Kündigungsverbot solle die werdende Mutter temporär vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützen. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spreche für den Schutz der Mutter. Insoweit spiele es keine Rolle, dass zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages als grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn eines Arbeitsverhältnisses, der davon abweichende Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme zu unterscheiden sei. Dieser Kündigungsschutz sei auch nicht geeignet, die unternehmerische Freiheit der Arbeitgeber unangemessen zu beeinträchtigen. Art. 6 Abs. 4 GG gewähre Schwangeren und Müttern nach der Entbindung einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Dem entspreche ein wirksamer arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2020 – 2 AZR 498/19). Insoweit gilt auch für Anwälte: Kinderliebe tut not.

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Dr. Frank-Walter Hülsenbeck
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator
Tel. (0331) 620 30 60

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